BLOG Mohair

BLOG


AKTUELLES • WISSENSWERTES • NACHDENKLICHES



Hier soll es um die Dinge gehen, die meinen Alltag rund um das Thema Mohair bewegen, bereichern und belustigen. Erfahrungen, Fragen, Beobachtungen. Pferde, Equipment, Haltung, Gesundheit, Reitersorgen, Reiterfreuden.

Ich wünsche Ihnen und Euch ganz viel Freude beim Lesen und ich werde mich bemühen, den Blog in loser Zeitfolge aktuell zu halten. Denn schließlich gibt es mehr als genug zum Thema Mohair Schnurengurt zu sagen.


03/06/2022 PRAKTISCHE FARBAUSWAHL

Wer die Wahl hat …


Immer wieder werde ich gefragt, welche Farbe denn die „beste“ ist. In meinem heutigen Blog-Beitrag möchte ich versuchen, eine kleine Orientierungshilfe für alle Unentschlossenen zu geben, denn letztendlich ist es vermutlich doch der eigene Geschmack, der die finale Entscheidung bei der Farbauswahl trifft.


Es gibt jedoch einige Punkte, die in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden sollten, denn Mohairwolle unterscheidet sich durch ihre Struktur ganz stark von allen anderen, bei der Herstellung von Sattelgurten eingesetzten Materialien. Ein Mohairsattelgurt lässt sich im Falle von starken Verunreinigungen durch spritzenden Matsch nach einem langen Ausritt durch herbstliches Regenwetter nicht einfach schnell feucht abwischen und erstrahlt dann wieder in neuem Glanz – wie wir es etwa von Sattelgurten aus Neopren oder Leder kennen. Um den Gurt ganz von seinen Schlammspritzern zu befreien, muss er gewaschen beziehungsweise über Nacht in lauwarmes Wasser eingeweicht und am nächsten Morgen mit klarem, ebenfalls lauwarmem Wasser ausgespült werden. Dass dies sehr aufwendig und nicht praktikabel erscheint, wenn man jeden Tag ins Gelände zieht, leuchtet ein. Ich empfehle daher, den Sattelgurt trocknen zu lassen und ihn am nächsten Tag bzw. vor dem nächsten Ritt einfach mit der Handfläche auszuklopfen und ihn nur bei besonders starken Verschmutzungen zu waschen. Auf keinen Fall sollten Bürsten zum Einsatz kommen, da sie durch ihre Borsten dafür sorgen würden, dass der weiche Mohairgurt verfilzt.

Man kann aber durchaus auch schon mit der richtigen Farbe dafür sorgen, dass Schlamm und Matsch nicht so stark ins Auge springen. Für alle Geländeenthusiasten empfehle ich daher, den Sattelgurt aus Mohair in der Farbe Anthrazit zu wählen. Dieser Farbton wirkt sehr neutral, harmoniert mit allen Fellfarben und passt wunderbar zu schwarzen wie auch zu braunen Sätteln. Staub ist auf Anthrazit absolut unsichtbar und auch getrockneter Matsch hinterlässt deutlich weniger Spuren als auf naturfarbenen oder schwarzen Mohairgurten.


Schwarzer Gurt auf weißem Fell?


Bitte nicht! Ich weiß, diese Warnung wird besonders im Dressurlager nicht unbedingt auf offene Ohren stoßen, da hier viel Wert auf ein einheitliches Gesamtbild gelegt wird und der Mohairsattelgurt zum Rest des Equipments passen soll, das in den allermeisten Fällen schwarz ist. Aber auch hier gilt die Regel, dass der Mohairgurt seine eigenen Regeln hat, die man im Hinterkopf haben sollte, um richtig glücklich mit ihm zu werden. Wie bereits für den allseits beliebten Matsch gilt für die vielen feinen Pferdehaare, die während des Fellwechsels in den Gurt wandern: Sie lassen sich nicht einfach feucht abwischen. Je länger wir unseren Mohairgurt im Einsatz haben, desto stärker wird er sich mit Pferdehaaren durchweben. Dies ist absolut kein Nachteil, denn durch die weiche Struktur des Eigenhaars wird Scheuerstellen und Hautreizungen ebenso gut vorgebeugt wie durch die reine Mohairwolle. Wer dennoch als Schimmelreiter nicht auf einen schwarzen Gurt verzichten möchte, sollte aber wissen, dass die Unterseite des Gurtes nach dem ersten Fellwechsel nicht mehr schwarz, sondern eben von vielen, vielen weißen Stichelhaaren durchzogen sein wird.

Ich empfehle in diesem Fall, den Mohair Sattelgurt aus ungefärbter Naturwolle zu wählen. Diese Wolle ist so hell, dass der Gurt am Schimmel fast unsichtbar ist und so auch im Dressurviereck deutlich weniger ins Auge springt, als es ein schwarzer Gurt tun würde.


Und am Rappen?


Sollte genau umgekehrt ein möglichst dunkler Farbton gewählt werden. Es bieten sich hier Dunkelbraun oder Schwarz an – je nachdem, welche Farbe besser zur restlichen Ausrüstung passt.


Als Faustregel lässt sich also festhalten, dass sich die Farbauswahl immer an der Fellfarbe des Pferdes orientieren sollte, damit durch die Pferdehaare, die sich nach und nach in den Mohairgurt einweben werden, kein allzu großer und augenfälliger Kontrast entsteht. Dieser Effekt lässt sich durch regelmäßiges Entfernen der Haare jedoch auch deutlich verlangsamen.


Und wie schon zu Beginn des Artikels angekündigt: Am Ende entscheidet immer der persönliche Geschmack!




22/03/2021 MYTHOS GURTBREITE


Das sind nicht 13 cm …


Heute blogge ich mal wieder, denn dieses Thema verfolgt mich (fast) bis in den Schlaf. Fast täglich bekomme ich Anfragen, die in etwa so lauten:

„Hallo, wie breit sind Ihre Mohairgurte? Die sehen so schmal aus, sind die überhaupt 13 cm breit?“

Einatmen, ommm, ausatmen.

Was dann folgt, ist eine sehr ausführliche Erklärung, die ich mittlerweile auswendig, rückwärts und mit geschlossenen Augen mantraartig vortragen kann.


Da es tatsächlich einen großen Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Funktionalität von Mohair Schnurengurten zu geben scheint, werde ich heute mal in schriftlicher Form (und in epischer Breite) darlegen, was ich sonst üblicherweise während eines telefonischen Beratungsgesräches zu erklären versuche.


Aber erst einmal müssen wir das Geheimnis der 13 klären.

13 cm? Warum um alles in der Welt taucht immer wieder diese mysteriöse 13 in den Anfragen auf?

Da stand immer 13, nie 12 und erst recht nicht 14. Die 13 zog sich wie ein roter Faden durch die Kundengespräche – und weckte meinen investigativen Ehrgeiz.

Ein wenig Googlelei und ich würde fündig: In einem Artikel einer österreichischen Pferdezeitschrift aus dem Jahr 2018 wird eine bayerische Klassik-Ausbilderin zitiert, die ohne weitere physikalische Argumente oder Belege die Zahl 13 in den Raum wirft und behauptet, dass ein Schnurgurt bei einem Großpferd mindestens 13 cm breit sein sollte. Aha. Und weshalb?

Vermutlich wird angenommen, dass ein schmalerer Gurt nicht in der Lage sei, den beim Gurten entstehenden Druck ausreichend zu verteilen. Das wiederum ist allerdings eine Vermutung meinerseits, da der Artikel hier wirklich keinerlei Erklärungen bietet (obwohl er sich in anderen Bereichen durchaus tiefergehend mit der Physiognomie des Pferdes auseinandersetzt und einige sehr interessante Aspekte beleuchtet).

Jetzt kratze ich mich kurz am Kopf und frage mich, weshalb sich hier mit den ominösen 13 Zentimetern explizit auf ein GROßPFERD bezogen wird. Das bedeutet ja im Umkehrschluss, dass der Mohairgurt bzw. der Schnurgurt bei einem Kleinpferd oder Pony schmaler sein darf.

Spätestens hier werde ich stutzig. Hin und wieder kommt es nämlich vor, dass ich ein Kleinpferd sattele. Dieses gelegentliche „Kleinpferdsatteln“ unterscheidet sich in keinem Handgriff vom täglich praktizierten „Großpferdsatteln“. Auch ist die hierbei durch meine Oberarmmuskeln auf das Pferd übertragene Kraft weitestgehend identisch – gut, ich bin auch nur ein Mensch, kleine Schwankungen sind tagesformabhängig, aber ich denke, dass klar wird, worauf ich hinaus will.

Das Pony hat einen sehr viel kleineren Rumpfumfang als ein kräftiges Großpferd. Beim Gurten wird insbesondere im Bereich des Brustbeins und hinter den Ellenbogen Druck aufgebaut. Dieser Bereich ist bei einem Pony natürlich in Relation zum Großpferd ebenfalls sehr viel kleiner. Dies hat zur Folge, dass beim Anziehen eines identischen Sattelgurtes mit identischer Kraft im direkten Vergleich zum Großpferd eine deutlich höhere Belastung pro Quadratzentimeter auf ein Ponybrustbein wirkt. Je größer und rahmiger das Pferd, desto breiter seine Brust, desto größer ist auch die Fläche, die den durch das Angurten ausgeübten Druck verteilen kann. Würde man nun dieser einfachen physikalischen Tatsache folgen, ergäbe sich daraus der Schluss, dass der Gurt für ein kleines Pony deutlich breiter sein müsste als der Großpferdegurt, um eine identische Druckverteilung zu erreichen.

Wenn ich nun einen meiner Mohairgurte (die immer und grundsätzlich knapp 11 cm breit sind, da sich dieses Maß vom Isi bis zum Kaltblut als sehr funktional erwiesen hat) an einem kapitalen Holsteiner verwende, muss dieser also nicht plötzlich mehr „aushalten“ als das Welshpony. Und keine Sorge, auch das Welshpony wird durch einen schmalen Mohairsattelgurt, der sich optimal an seine Rumpfform und seine körperlichen Bedürfnisse anpassen kann, nicht "stranguliert". Denn es kommt immer auf das WIE an. Auch mit einem sehr breiten Sattelgurt ist es bei unsachgemäßer Benutzung ein Leichtes, viel zu fest zu gurten und das Pferd in seiner Atmung und Bewegungsfreude einzuschränken.


„Aber drückt so ein schmaler Gurt denn wirklich nicht?“


Nein. Wirklich nicht. Zumindest dann nicht, wenn die restliche Ausrüstung zum Pferd passt.

Ich betone es gerne und häufig: Ein Sattelgurt aus Mohair ist gurttechnisch so ziemlich das Angenehmste, das einem Pferd passieren kann. Wenn es Probleme mit Gurtdruck und Scheuerstellen gab und gibt, kann der Mohairgurt für echte Erleichterung sorgen. Und es gibt einen weiteren Vorteil: Ein Mohair Sattelgurt liegt sehr ruhig am Pferd und stabilisiert den Sattel ausgesprochen gut. Aaaaber, und hier beginnt die Krux, der Sattel muss passen. Wer sich erhofft, mit seinem Mohairgurt die Passformdefizite seines Sattels ausgleichen zu können, den muss ich leider enttäuschen. Vielleicht wird der ständig zur Seite oder nach vorne rutschende Sattel mit dem richtig schön festgeknallten Mohairgurt etwas besser „halten“ als mit dem Vorgänger aus Leder oder Lammfell – besser passen wird er trotzdem nicht und für das Pferd bleibt das Sattelprozedere so unangenehm wie eh und je.

Richtig gegurtet ist die Druckverteilung auch bei einem 11 cm breiten Schnurengurt aus Mohair absolut gewährleistet!


„Aber wie gurte ich den richtig?“


Mit Geduld, Einfühlungsvermögen und ein bisschen Kraft. Ich beschreibe im Folgenden, wie ich mein Pferd mit seinem Mohair Kurzgurt ausschließlich vom Boden aus gurte, sodass ein Nachgurten aus dem Sattel überflüssig wird (und trotzdem während der Arbeitsphase nichts rutscht).


  1. Erst satteln, dann die Beine putzen und die Hufe auskratzen. Hierbei wird der Gurt völlig ohne Zug geschlossen. Nach dem Säubern der Hufe wird in das erste Loch, das mit leichtem Zug erreichbar ist, gegurtet.

  2. Helm aufsetzen. Trensen. Nachgurten (in das nächste Loch, das mit leichtem Zug erreichbar ist).

  3. Pferd in die Halle bzw. auf den Platz führen. Nachgurten wie oben.

  4. Reiter und Pferd machen sich während drei geführter Schrittminuten warm. Wenn noch ein Loch geht, wird nochmals nachgegurtet. Durch diese entspannte Art des Gurtens gewinnen selbst hochgradig empfindliche Pferde innerhalb weniger Monate das Vertrauen zu ihrer Ausrüstung zurück – bei einem zeitlichen Mehraufwand von etwa 60 Sekunden für den Reiter. Ich denke, das sollte drin sein.


Das Pferd hat sich durch das langsame Gurten nun schon so weit entspannt und „Luft abgelassen“, dass ein weiteres Nachgurten aus dem Sattel in 90% der Fälle unnötig wird.

Und jetzt kommen wir wieder zu unserer schnöden Physik. Stellen wir uns also das gesattelte Pferd im Seitenbild vor. Unser Sattel ist natürlich kein altes, plattgerittenes Brötchen, sondern wird regelmäßig vom Sattler überprüft und bei Bedarf aufgepolstert, sodass die Sattelkissen schön weich und pferderückengerecht sind. Und jetzt stellen wir uns vor, was mit den Sattelkissen passiert, wenn wir uns mit all unserem Gewicht in den Sattel schwingen. Genau. Wir komprimieren das Füllmaterial, die Kissen sinken etwas ein, werden flacher und der Sattel als Ganzes kommt ein wenig tiefer. Und exakt dieses Nachgeben des Sattels wird auch an den Gurt weitergegeben. Das bedeutet, dass wir durch das Einsitzen unser Pferd war im Rücken BElasten, in der Gurtlage jedoch eine ENTlastung stattfindet.


„Ja, aber sie könnten Ihre Gurte doch trotzdem ein bisschen breiter fertigen – nur um ganz sicher zu sein!“


Nein. Absolut nicht. Und ich erkläre gerne, warum ich mich so vehement gegen unnötig breite Sattelgurte aus Mohair sträube.

Welche Vorteile erwarte ich denn für mein Pferd, wenn ich die Entscheidung für einen hochwertigen Mohair Schnurengurt treffe?

Ich wünsche mir, dass vorhandene Scheuerstellen verschwinden, dass mein Pferd wieder fleißig und unbehindert mit der Schulter ausgreifen kann und keinerlei Schmerzen beim Gurten und beim Tragen des Gurtes erleiden muss. Und wie schafft es der Mohairgurt, dieses Ziel zu erreichen? Indem er sich in seiner Konstruktion sehr deutlich von allen anderen (ich nenne sie gerne Massivgurte) Sattelgurten unterscheidet. Es ist die flache Konstruktion des Schnurengurtes, die verhindert, dass sich hinter der Schulter ein fetter Wulst bildet, der in der Bewegung über kurz oder lang die lästige Reibung verursacht, die zu Scheuerstellen und offenen Wunden im Ellenbogenbereich führen kann. Die Schnüre laufen frei und geben der Bewegung nach. Dabei ist es sogar erwünscht, dass sich einzelne Schnüre überlagern, um Raum für das Ausgreifen der Schulter zu schaffen. Wenn ich nun aber durch das unnötige Verbreitern des Gurtes und die damit verbundene Erhöhung meiner Kordelanzahl dafür sorge, dass sich ein halbes Dutzend Schnüre hinter der Schulter überlagert, dann habe ich dort wieder einen fetten Wulst erzeugt, der ausschließlich eines kann: unnötige, unerwünschte Reibung erzeugen. Zu einer besseren Druckverteilung tragen diese sogenannten Entlastungsgurte (was für ein schönes Modewort zur Gewissensberuhigung) übrigens in keinster Weise bei – denn dort, wo sich die vielen Schnüre hinter der Schulter überlagern, haben sie gar keinen Kontakt mehr zum Pferdekörper und können dementsprechend auch keinerlei Druck verteilen. Sagt zumindest die Physik.


14 Kordeln (knapp 11 cm)sind erfahrungsgemäß der ideale Mittelweg, um sowohl zierlichen Ponys mit sehr begrenztem Platz in der Gurtlage als auch rahmigen, im Sport aktiven Großpferden gerecht zu werden. Sagen zumindest die Kundenpferde. ;-)





08/10/2020 TESTGURT oder KEIN TESTGURT ...


das ist hier die Frage ...


Heute möchte ich mich ausführlich mit dem Thema "Testgurte" beschäftigen. Ich habe in den letzten Monaten gehäuft Anfragen von Kund*innen bekommen, die sich um die Frage drehten, ob ich Testgurte anbieten und versenden würde. Ich habe diese Frage stets verneint und meine (eigentlich durchaus plausible) Antwort ausführlich begründet. Diese Erklärung las sich dann in etwa so:


"Leider kann ich Ihnen keinen Mohair Sattelgurt zum Ausprobieren anbieten. Mohairwolle unterscheidet sich in vielen Punkten von anderen Materialien, die bei der Herstellung konventioneller Sattelgurte zum Einsatz kommen. Dies hat sehr viele Vorteile, aber leider auch einen einzigen Nachteil: Der Sattelgurt aus Mohair kann zur Reinigung nicht einfach in die Waschmaschine geworfen oder mit einem feuchten Tuch abgewischt werden.

Um einen Testgurt aus Mohair nach der Testzeit wieder so zu reinigen, dass er risikolos auf einem anderen Pferd verwendet werden kann, ist ein aufwendiger Reinigungs- und Desinfektionsprozess notwendig. Der Gurt müsste von allen anhaftenden Haaren befreit, von Hand gewaschen und anschließend großzügig mit Desinfektionsmittel behandelt werden.

Nur so kann gewährleistet werden, dass sämtliche Bakterien und Krankheitserreger (z.B. Hautpilz) abgetötet werden und eine Übertragung von einem Testkandidaten auf den nächsten ausgeschlossen ist. Leider ist es mir neben dem regulären Fertigungsbetrieb nicht möglich, diesen zeitintensiven Service anzubieten."


Häufig bin ich mit diesem Argument auf Verständnis gestoßen, ich habe aber auch das Gegenteil erlebt. Da es scheinbar Mitbewerber gibt, die kostenlos (ungereinigte und undesinfizierte) Testgurte versenden, habe ich mich dazu entschlossen, ebenfalls einen Testgurt anzubieten. Aufgrund der weiter oben beschriebenen Notwendigkeit der intensiven Reinigung und Desinfektion, kann ich diesen Service leider nicht komplett kostenlos anbieten - aber ich denke, wir haben einen für beide Seiten fairen Weg gefunden.


DER TESTGURT

Mohair Kurzgurt "Bicolor Protect" in Schwarz mit Kontrasten in Fuchsia, Edelstahlschnallen, Fixiergummis und Schnallenschutz aus Filz, 70 cm


Der Testgurt kann dabei helfen, die optimale Länge zu ermitteln, da häufig erst während des Nachgurtens vor der Arbeitsphase deutlich wird, wie viel "Luft nach oben" noch vorhanden ist. Die 70er-Länge ist hierfür sehr gut geeignet, da sie vielen Kleinpferden gut passt und auch bei (nicht zu schweren) Warmblütern noch lang genug ist, um einen funktionalen Test zu ermöglichen und einen Anhaltspunkt für die Ideallänge zu liefern.


TESTBEDINGUNGEN:


Die Kaution für den Testgurt aus Mohair beträgt 100€. Hierin sind 4,99€ für den versicherten Versand mit DHL enthalten. Für die Reinigung und Desinfektion des Sattelgurtes nach der Rückgabe berechnen wir 20€, die im Falle einer auf den Test folgenden Gurtbestellung erstattet werden.

Im Falle eines Gurtkaufes werden also 95,01€ der Kaution (abzüglich der Kosten für den Hin-Versand) erstattet. Sollte nach dem Test kein Gurt bei uns bestellt werden, erstatten wir 75,01€.

Die Rücksendung des Testgurtes zu uns erfolgt versichert mit DHL, die Kosten für den Rückversand trägt der Tester.

Der Testzeitraum beträgt 12 Tage ab Zustellung des Pakets beim Kunden.


Dem Testgurt liegt natürlich eine ausführliche Pflegeanleitung bei. Ich möchte dennoch alle zukünftigen Tester*innen bitten, den Gurt nicht zu reinigen, sondern ihn nach dem Test ungereinigt zu uns zurückzusenden, damit wir ihn für den nächsten Testkandidaten professionell aufbereiten können.

07/07/2020   BAUMWOLLE versus MOHAIR


 And the winner is ...

Dreimal dürft Ihr raten. ;-)


Ein großer Teil meiner Arbeit besteht aus dem Beantworten von Fragen. Ich verbringe viel Zeit im Büro, telefoniere und schreibe E-Mails. Dieser enge Kontakt zu meinen Kunden ist eine echte Bereicherung und ich freue mich über die vielen sympathischen Begegnungen. Ich habe großen Spaß am Beraten - besonders dann, wenn es um die Frage geht, welches Farbdesign der ganz persönliche Schurengurt aus Mohair denn bekommen soll. Da werden Fotos von Pferd und Sattel hin und her geschickt, Wollproben im Sonnenlicht fotografiert und sämtliche Haushaltsmitglieder nach ihrer Meinung befragt. Und die richtige Länge? Muss ein Kurzgurt aus Mohair grundsätzlich drei Zentimeter länger sein als ein konventioneller, komplett unelastischer Sattelgurt? Fragen über Fragen.

Irgendwo muss ich anfangen und so soll es heute um die wohl am häufigsten gestellte Frage der letzten drei Jahre gehen:


Ist ein Schnurengurt aus Mohair wirklich besser als ein Schnurgurt aus Baumwolle?


Ich könnte mich jetzt ganz minimalistisch mit einem knappen "Ja" begnügen. Aber das wäre ziemlich mager, wenig hilfreich und dem Schnurengurt aus Baumwolle gegenüber nicht ganz fair. Denn er hat einen ganz entscheidenden Vorteil: Wenn der Baumwoll-Schnurengurt anfängt, vor Schmutz zu stehen, kann ich ihn einfach in einen alten Kopfkissenbezug stopfen und in der Waschmaschine bei 60° dekontaminieren. ;-) Würde ich meine Mohairgurte diesem Prozedere aussetzen, würde dies ihren schnellen und trotzdem ziemlich qualvollen Tod bedeuten.

Aber keine Angst, auch ein Schnurengurt aus Mohair lässt sich ohne Zweit- und Aufbaustudium reinigen. Mass muss dazu nur wissen, dass Mohair keine schnellen Temperaturschwankungen mag. Alles, was ich benötige, ist ein Eimer mit klarem, raumwarmem Wasser. Gurt rein, schlafen gehen, aufstehen, unter raumwarmem, fließendem Wasser ausspülen, sanft auswringen und flach auf einem Frotteehandtuch trocknen lassen.

Um sämtliche im Gurt befindliche Mikroorganismen abzutöten, könnte ich den Gurt in einem großen Kochtopf auf dem Herd ganz!!! langsam!!! auf 80° Celsius erwärmen. Danach muss der Gurt im Kochtopf verbleiben, bis das Wasser wieder auf Raumtemperatur abgekühlt ist. Denn da war ja was ... schneller Temperaturwechsel = schneller Tod.

Einen Mohair Sattelgurt "auszukochen" ist aber im wahrsten Sinne des Wortes eine "heiße Angelegenheit" und dieser Prozedur sollte der Mohairgurt auch nur in absoluten Ausnahmefällen ausgesetzt werden! Denn wie wir alle schon einmal gehört haben, wird Fett bei hohen Temperaturen flüssig und löst sich auf diese Weise leichter von Oberflächen, auf denen es haftet. Und das wertvolle Wollwachs ist das höchste Kapital unseres Schnurengurtes aus reiner Mohairwolle. Zerstören wir die Lanolin-Schicht auf der Haaroberfläche durch diese thermische Einwirkung, wird der Mohair Sattelgurt zwangsläufig rauer und verliert seine feuchtigkeitsabweisende Funktion.

Wer Bedenken bezüglich der Gurthygiene hat, der sollte seinen Gurt nach der "Über-Nacht-Reinigung" und dem anschließenden Trocknen mit einem milden Desinfektionsmittel behandeln. Diese Methode funktioniert hervorragend und ist deutlich schonender für das Material.


Aber wo liegen denn jetzt die Vorteile? Was kann ein Mohair Schnurengurt, was ein Schnurgurt aus Baumwolle nicht kann?


1. Feuchtigkeit ableiten!

Weiter oben war kurz die Rede von Lanolin. Dieses natürliche Wollwachs legt sich wie ein schützender Mantel um jedes einzelne Haar und verleiht dem Sattelgurt eine konkurrenzlos glatte Oberfläche. Wie glatt Mohairwolle tatsächlich ist, erkennt man am brillanten Glanz der Wolle im Sonnenlicht, mit dem sich keine andere Textilfaser messen kann (selbst Seide ist deutlich matter). Die extrem glatte Oberflächenstruktur sorgt dafür, dass der Mohair Sattelgurt die am Pferdekörper entstehende Feuchtigkeit optimal nach außen ableiten lann. Mohairwolle ist so glatt, dass sie sich kaum mit Feuchtigkeit vollsaugt. Und hier haben wir einen eklatanten Unterschied im direkten Vergleich mit einem Baumwoll Schnurengurt aufgespürt. Baumwolle ist extrem rau und nimmt jede Form von Flüssigkeit bis zum Erreichen der vollständigen Fasersättigung auf. Da die Baumwolle eine recht genügsame Zeitgenossin ist, sagt sie auch zu Pferdeschweiß nicht nein. Beginnt das Pferd also während der Arbeit stark zu schwitzen, saugt sich der Gurt immer weiter mit Schweiß voll, bis es zur Entstehung von Staunässe auf der Haut kommt. Und hier sehen wir uns dann mit einem großen Problem konfrontiert, das wir mit der bewussten Verwendung eines Schnurengurtes ja eigentlich ausschalten wollten. Nasse Haut ist viel empfindlicher gegenüber mechanischen Einflüssen (in diesem Fall betrifft es das Aneinanderreiben der Hautfalten unter dem Gurt) als trockene Haut. Bei sehr empfindlichen Pferden können auch hier schmerzhafte Scheuerstellen entstehen, die sehr unangenehm für das Pferd sind. Hat das eigene Pferd bereits Scheuerproblematiken in der Gurtlage gezeigt, sollte die Wahl immer auf einen Mohair Schnurengurt fallen.


2. Längenstabilität

Ich bin ein durchaus pragmatisch veranlagter Mensch und ich habe es gerne einfach und bequem. Wenn ich mein Pferd sattele, ziehe ich meinen Mohair Kurzgurt leicht an. Wenn ich dann die Halle oder den Außenplatz erreicht habe, wird reitfest nachgegurtet. Das war's. Wenn ich sehe, wie sich meine Mitreiter*innen auf dem Pferd verrenken, um zwei- bis dreimal das Ende ihrer Strupfen zu greifen und aus dem Sattel ihren zumeist deutlich zu kurzen Kurzgurt nachzugurten, freue ich mich umso mehr über meinen Mohairgurt. Fest ist fest. Der Sattel liegt (ok, daran ist auch der sehr gut angepasste Sattel nicht ganz unbeteiligt) und wenn ich absteige, ist der Gurt noch genauso fest wie am Anfang der Reiteinheit.

Mohair besitzt nämlich die Eigenschaft, von Natur aus eine ganz leichte Elastizität mitzubringen. Für den Menschen ist sie kaum spürbar, für das Pferd dafür umso mehr. Obwohl der Gurt fest angezogen ist, wird das Pferd in seiner Atmung deutlich weniger eingeschränkt als bei einem konventionellen Sattelgurt. Aber könnte man dann nicht auch einen herkömmlichen Sattelgurt mit Elastikeinsatz wählen? Das alte Thema. Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht. Durch einen stark elastischen Einsatz im Sattelgurt haben wir beim Nachgurten eigentlich ständig das Gefühl: DA GEHT NOCH WAS! Und letzten Endes knallen wir den Gurt dann viel fester, als wir es kräftetechnisch bei einem nicht (oder nur ganz leicht) elastischen Gurt jemals könnten. Der größte Vorteil liegt bei einem Mohair Sattelgurt aber in seiner absoluten und dauerhaften Längenstabilität!

Wenn sich ein Schnurengurt aus Baumwolle mit Feuchtigkeit vollgesogen hat, leiert er zwangsläufig aus und wird immer länger. Für mich als Reiter bedeutet dies ein ständiges Nachgurten - auch und besonders in der Arbeitsphase, wenn das Pferd stark schwitzt und Unterbrechungen des Trainings mehr als lästig sind.


3. Materialqualität

Ein Mohair Schnurengurt ist extrem weich. Diese äußerst angenehme Materialqualität ist wieder dem Lanolin zu verdanken. Durch diese besonders softe Oberflächenstruktur erfahren besonders empfindliche Pferde eine deutlich wahrnehmbare Erleichterung. Je länger der Gurt in Benutzung ist, desto weicher und angenehmer wird er für das Pferd. Sie werden schon nach kurzer Zeit des Tragens bemerken, dass sich die Haare Ihres Pferdes mit dem Gurt "vermischen". Bitte entfernen Sie diese Haare nicht (das wäre ohnehin ein abendfüllendes und langfristig recht aussichtsloses Unterfangen), denn je mehr Pferdehaare sich im Gurt verfangen, desto natürlicher wird der Tragekomfort des Gurtes von ihrem Pferd wahrgenommen. Ein Schnurgurt aus Baumwolle vermag diese verblüffende Annäherung an die natürliche Oberflächenstruktur des Pferdehaares leider nicht zu leisten.